Requisition und Execution
Kriegssteuer und Zwangsvollstreckung
Am 28.August 1796 erging ein Schreiben des Landrichters zu Monheim an das Kastenamt zu Wolferstadt, in welchem Zahlungen an das französische Heer angeordnet und auf eventuelle Konsequenzen hingewiesen wurde, falls der geforderte Betrag nicht fristgerecht entrichtet wird. Der Kastner setzte die Gemeindebürger davon in Kenntnis und bestellte sie für den nächsten Tag frühmorgens um 6 Uhr (!) in das Amt ein:
An die Bürgermeister
zu Wolferstadt
Die von der französischen Armee gestellten zu Geld angeschlagenen
Requisitionen ad 20000 Gulden nach den Gemeinden ausgeschlagen betragen für die diesamtigen Wolferstättischen Unterthanen dahier zu Wolferstatt
298 f 51 X 4 H
Wie nun diese Repartition zum w.l. Landgericht Monheim morgen als den 29 ten ds. Mts. bei Vermeidung militärischer Execution (Zwangsvollstreckung)durch unten stehendes Amt eingeliefert werden muß, so wird dieses somit bekannt gemacht, daß die sammtl. diesamtigen Unterthanen zu Wolferstadt morgen vormittag um 6 Uhr ! in hiesigem Castenhaus erscheinen, sich mit barem Geld ad in circa von 2 Steuern ( = doppelte Jahressteuer) und ihren Steuerbüchlein versehen dann ohnrückstellige Zahlung leisten.
Signatum
Wolferstadt, den 28. Aug.1796
Vom hochfürstl. Eichstätt. Domkapitl. Kasten- und Richteramt allda
lit. Schmidt
Wenn die Zahlungen nicht fristgerecht erfolgten wurde die "Execution" angeordnet. Um die Schulden einzutreiben kam ein Executant, der so lange im Ort blieb bei freier Kost und Unterkunft sowie einer festen Tagesgebühr bis die fälligen Abgaben entrichtet wurden.
Executions-Schein
Gegenwärtiger Executant hat die Gemeinde Wolferstadt
gegen (tägliche)Taxische Gebühr a`1 fl und
freye Verpflegung so lange zu exequiren
bis dieselbe die noch hierher schuldigen Kriegs-Kösten
wird bezahlt und abgeführt haben.
Monheim, den 15. Obris 1801
Curfürstliches Landgericht und Marche-Commissariat Graisbach
Reisach
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Den Wolferstädtern blieb letztendlich nichts anderes übrig als sich dem Druck zu beugen
und die letzten Kreuzer zusammen zu kratzen und nach Monheim zu bringen:
Lieferschein
An denen Vermög Circular ad 31. Obj. 1801 et praes. 15.
dies bemerkten Kösten hub Lit. A et B dann hub Nr. 1, 2, 3 et 4
beschriebenen Rückständen haben die Gemeinde-Bürgermeister
zu Wolferstadt heunt dato pr. Abschlag entrichtet.
350 f
Sagen: Drey Hundert fünfzig Gulden
mit der gehorsamsten Bitte mit der weiteren Zahlung
noch einige Nachsicht zu haben,
indem noch meistens pfälzische Unterthanen
an ihren Anlagen und Beyträgen haften
und die Execution abtretten zu lassen
Wolferstadt, den 18. Obj. 1801
erhalten
Reisach, Landrichter
Executant kann nach erhaltener Gebühr abgehen;
zur endlichen Zahlung wird noch ein Termin
von 3 Wochen anberaumt
bey Vermeidung militärischer Execution
Landgericht
Reisach
Der Rest wurde fristgerecht bezahlt:
Daß die Gemeinde Wolferstadt heunt dato weitere Zwey Hundert Gulden Kriegs-Kösten hierorts erlegt hat, wird hiemit bescheint
Monheim den 9. Nbris 1801
Marcha Commissariat Graisbach
In Abwesenheit des H. Beamten
Truchs
Secretarius
Die in Geld zu erbringenden Abgaben wurden über die Gemeindesteuer finanziert, wozu jedes Haus veranlagt wurde. Als sogenanntes "Gemeind-Maß" war es ein sicherer und zugleich flexibler Einnahmeposten im Gemeindehaushalt . Für außerordentliche Ausgaben wurde die "Gemeindrolle "überworfen" d.h. - ähnlich dem Hebesatz bei unserer heutigen Grundsteuer - um einen bestimmten Faktor vervielfacht. Bei jeder unvorhergesehenen Ausgabe wurde dieses Verfahren angewandt, was oft zu unerträglichen finanziellen Belastungen führte.
In der Gemeinderechnung 1798/99 sind u.a. diese Posten angeführt:
Wegen Einquartierung der K.K Truppen unterm 10ten July 1798
und dem 2ten und 3ten Merz 1799 wurde die Gemeind-Rolle 5mahl
überworfen und wurde erhoben:
138 fl 59X 3h
Auswärtige Unterthanen, welche in hiesiger Fluhr Güter besitzen,
wurden ebenfalls 5-fach angelegt mit
18 fl 22 X 4 h
Wegen Einquartierung der K.K. Truppen
unterm 20. et 23. Merz 1799 wurde
die Rolle 10 1/2 mahl
überworfen und kommen von hiesigem Ort anzusetzen:
291 fl 52 X 2 h
Die auswärtigen Unterthanen,
welche in hiesiger Fluhr Güter besitzen,
wurden ebenfalls
10 1/2 mahl
angelegt, so aussetzet:
38 fl 35X 2 h
Der Innwohner 3-fache Rollen-Anlage
beträgt 2 fl 18 X
Bey der ersten Anlage wegen Fuhren und Lieferungen
wurde die Rolle 4mahl überworfen,
so von den hiesigen Gemeindsleuthen aussetzet
111 fl 12 h
Die Inwohner (ohne Grundbesitz ) wurden
2mahl überworfen,
so aussetzet:
1 fl 20 X